BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Ortsverband Rosendahl

Mail an die Ratskolleginnen und Kollegen

Am Fr., 31. März 2023 um 12:03 Uhr schrieb <weber-rosendahl@web.de>:

Werte Ratskolleginnen und Kollegen,

in der gestrigen Ratssitzung hat eine Ratsmehrheit unter TOP 8“ Räumliche Steuerung sowie die Entwicklung von Vorrangflächen für Freiflächen-Photovoltaikanlagen“ auch den Punkt 3 der Verwaltungsvorlage ausdrücklich und mit Mehrheit beschlossen.

Der Hinweis auf Verstoß gegen das Kopplungsverbot wurde dabei vom Bürgermeister als nicht relevant bezeichnet, weil es dazu noch keine Urteile gäbe.

Für mich gelinde gesagt eine abenteuerliche Aussage – Gesetze müssen also wohl nur noch beachtet werden, wenn es dazu Gerichtsurteile in der Sache gibt.

Das mit dem Amtseid zu vereinbaren scheint mir problematisch!

Eine Rechtsberatung hat es wohl nicht zur Vorlage gegeben – der Hinweis, dass andere Städte das schon beschlossen haben, entspricht meiner Ansicht nicht der Sorgfaltspflicht

In der Sache geht es aber auch um uns, als verantwortliche Mandatsträger, weil auch wir in den strafrechtlichen Bereich der sog. Korruptionsdelikte mit unseren Entscheidungen kommen können.

Um die Problematik für jeden Einzelnen von uns aufzuzeigen, binde ich einen Fachartikel von Dr. Marleen Rheker Rechtsanwältin Osborne Clarke Partnerschaft mbB. aus dem Portal für Fachinformationen der Windbranche ein.
 

Dr. Marleen Rheker Rechtsanwältin Osborne Clarke Partnerschaft mbB:

Zitat Anfang

    Bei der Realisierung von erneuerbare Energien Projekten ist die Beteiligung von Kommunen und Bürgern aus Akzeptanzgründen Chance und Herausforderung zugleich. Gerade in der Ansprache und Zusammenarbeit mit Gemeinden ist besondere Vorsicht geboten: Man gelangt schnell in den strafrechtlich relevanten Bereich der sog. Korruptionsdelikte, wenn man der Gemeinde „etwas Gutes tun möchte“, um Akzeptanz für die Projektrealisierung zu erreichen. Dies hat auch der Gesetzgeber erkannt und versucht, zunächst mit § 36k EEG 2021 etwas mehr Spielraum zu geben und insb. die Akzeptanz zu steigern, der eine Beteiligung von Kommunen bei Windenergieprojekten ermöglichte. Diese Regelung wurde inzwischen in den (neuen) § 6 EEG 2021 überführt, der darüber hinaus auch eine Beteiligung von Kommunen bei PV-Freiflächenanlagen ermöglicht. Rahmenbedingungen:

Verwaltungs- und Strafrecht

Eine der wichtigsten Schranken im Rahmen von verwaltungsrechtlichem Handeln ist das von der Rechtsprechung entwickelte Koppelungsverbot. Das Koppelungsverbot besteht grundsätzlich aus zwei Elementen: Zum einen darf durch einen verwaltungsrechtlichen Vertrag nichts miteinander verknüpft werden, was nicht ohnehin schon in einem inneren Zusammenhang steht. Es verbietet zum anderen, hoheitliche Entscheidungen ohne entsprechende gesetzliche Ermächtigung von wirtschaftlichen Gegenleistungen abhängig zu machen – es sei denn, erst die Gegenleistung beseitigt ein entgegenstehendes rechtliches Hindernis. Insofern besteht einerseits das Gebot eines sachlichen Zusammenhangs zwischen vereinbarter Leistung und Gegenleistung sowie andererseits das Gebot der gesetzlichen Legitimation und Angemessenheit von Gegenleistungen.

Im Rahmen der Projektentwicklung können unter anderem die Aufstellung von Bauleitplänen (also Flächennutzungsplan und Bebauungsplan) oder die Erteilung einer Baugenehmigung erforderlich sein. Hier ist zu beachten, dass nach den gesetzlichen Regelungen auf die Aufstellung von Bauleitplänen kein Anspruch besteht. Ein solcher Anspruch kann auch nicht durch Vertrag unter Vereinbarung von Gegenleistungen begründet werden. Das gilt ebenso für die Änderung, Ergänzung und Aufhebung von Bauleitplänen. Eine Baugenehmigung ist demgegenüber zu erteilen, wenn dem Vorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen. Insofern besteht hier ein Anspruch des Antragstellers, sofern die öffentlich-rechtlichen Vorschriften eingehalten werden. Die Erteilung darf nicht von einer (zusätzlichen) Gegenleistung abhängig gemacht werden. Insofern sind Vereinbarungen, die im Zusammenhang mit der Aufstellung eines Bebauungsplanes oder der Erteilung einer Baugenehmigung stehen, enge Grenzen gesetzt. Bei einem Verstoß gegen das Koppelungsverbot sind die getroffenen Vereinbarungen/der geschlossene Vertrag nichtig und entfalten keinerlei Rechtswirkung. Ggf. empfangene Vorteile müssen zurückerstattet werden. Rahmenbedingungen: Verwaltungs- und Strafrecht

Eine der wichtigsten Schranken im Rahmen von verwaltungsrechtlichem Handeln ist das von der Rechtsprechung entwickelte Koppelungsverbot. Das Koppelungsverbot besteht grundsätzlich aus zwei Elementen: Zum einen darf durch einen verwaltungsrechtlichen Vertrag nichts miteinander verknüpft werden, was nicht ohnehin schon in einem inneren Zusammenhang steht. Es verbietet zum anderen, hoheitliche Entscheidungen ohne entsprechende gesetzliche Ermächtigung von wirtschaftlichen Gegenleistungen abhängig zu machen – es sei denn, erst die Gegenleistung beseitigt ein entgegenstehendes rechtliches Hindernis. Insofern besteht einerseits das Gebot eines sachlichen Zusammenhangs zwischen vereinbarter Leistung und Gegenleistung sowie andererseits das Gebot der gesetzlichen Legitimation und Angemessenheit von Gegenleistungen.

Im Rahmen der Projektentwicklung können unter anderem die Aufstellung von Bauleitplänen (also Flächennutzungsplan und Bebauungsplan) oder die Erteilung einer Baugenehmigung erforderlich sein. Hier ist zu beachten, dass nach den gesetzlichen Regelungen auf die Aufstellung von Bauleitplänen kein Anspruch besteht. Ein solcher Anspruch kann auch nicht durch Vertrag unter Vereinbarung von Gegenleistungen begründet werden. Das gilt ebenso für die Änderung, Ergänzung und Aufhebung von Bauleitplänen. Eine Baugenehmigung ist demgegenüber zu erteilen, wenn dem Vorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen. Insofern besteht hier ein Anspruch des Antragstellers, sofern die öffentlich-rechtlichen Vorschriften eingehalten werden. Die Erteilung darf nicht von einer (zusätzlichen) Gegenleistung abhängig gemacht werden. Insofern sind Vereinbarungen, die im Zusammenhang mit der Aufstellung eines Bebauungsplanes oder der Erteilung einer Baugenehmigung stehen, enge Grenzen gesetzt. Bei einem Verstoß gegen das Koppelungsverbot sind die getroffenen Vereinbarungen/der geschlossene Vertrag nichtig und entfalten keinerlei Rechtswirkung. Ggf. empfangene Vorteile müssen zurückerstattet werden. Voraussetzung ist, dass der Vorteil „für eine Dienstausübung“ gewährt wird, und zwar bei künftigen Handlungen unabhängig davon, ob die Dienstausübung sodann tatsächlich durchgeführt wird. Dienstausübung ist grds. jede Tätigkeit, die ein Amtsträger zur Wahrnehmung der ihm übertragenen Aufgaben vornimmt. Die erforderliche Verknüpfung zwischen Vorteil und Dienstausübung bildet die sog. Unrechtsvereinbarung. D. h. der Vorteil und die Dienstausübung müssen in einem gewissen Zusammenhang stehen. Es muss zumindest konkludent die übereinstimmende Vorstellung zwischen Amtsträger und Zuwendendem bestehen, dass der Vorteil im Gegenzug für die Dienstausübung gewährt wird. Es muss sich dabei um eine rechtlich nicht zulässige Verbindung von Vorteil und Dienstausübung handelt. Soweit also eine zulässige Verknüpfung vorliegt, die z. B. nicht gegen das Koppelungsverbot verstößt, legt dies zugleich nahe, dass keine Unrechtsvereinbarung im strafrechtlichen Sinne vorliegt. ….

Fazit

Im Zusammenhang mit Vereinbarungen mit der Gemeinde und dem Anbieten von „Gegenleistungen“ im Rahmen der Projektentwicklung ist besondere Vorsicht geboten. Das gilt sowohl aus Sicht der Projektentwickler als auch aus Sicht der Gemeinden. Es ist davon auszugehen, dass zukünftig alle Anlagenbetreiber von den Möglichkeiten des § 6 EEG 2021 Gebrauch machen werden. Für darüber hinausgehende Angebote besteht wie aufgezeigt nur ein sehr schmaler Grat. Angesichts dieser Rahmenbedingungen ist es umso wichtiger, im Rahmen der Projektentwicklung auf eine ausreichende Kommunikation und Transparenz zu achten. Es kann darüber hinaus für Projektentwickler ratsam sein, z. B. in einem Compliance-Leitfaden gewisse Eckpunkte für ein zulässiges Handeln festzuhalten.

Zitat Ende

Bei freiwilligen Angeboten der Betreiber, wenn also die Leistung des Betreibers ohne Gegenleistung erfolgt, liegt keine Lieferung oder sonstige Leistung gegen Entgelt i. S. d. Umsatzsteuerrechts vor. Demgemäß fällt keine Umsatzsteuer auf die Zahlungen des Anlagenbetreibers an. Dieses Verständnis ist klarstellend in § 6 Abs. 3 geregelt.

Auch in weiteren Gesetzen wird auf die Unzulässigkeit der besagten Vereinbarung hingewiesen:

§ 11 Abs.2 S2 Bau GB

2) Die vereinbarten Leistungen müssen den gesamten Umständen nach angemessen sein. Die Vereinbarung einer vom Vertragspartner zu erbringenden Leistung ist unzulässig, wenn er auch ohne sie einen Anspruch auf die Gegenleistung (hier Bauleitplanungen) hätte.

     

Der Rat ist der Souverän vor Ort.

Aus meiner Sicht, müsste der Bürgermeister seinen vorbereiteten und mitgetragenen Beschuss aus den dargestellten Gründen beanstanden.

Um die Einsicht zu gewinnen, bedarf es vielleicht Statements von den Fraktionen/Ratsmitgliedern, die den Beschluss getragen haben.

Vielleicht hilft auch ein Statement unseres Ratskollegen Dr. Lethmate.

Wir haben jetzt Osterferien – es wird wahrscheinlich keine Fraktionssitzungen in der Zeit geben.

Ihr müsst natürlich auch nicht auf diese Mail reagieren – dann seht es als Grundlage dafür, dass wir uns mit dem Ratsbeschluss noch nicht abfinden.

Schöne Osterzeit

Winfried Weber

 

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